Mikrochips stecken heutzutage in so manchen alltäglichen Geräten wie in Handys, Computern, Kreditkarten oder Autos und sind somit aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Umso stärker trifft uns daher die aktuelle Mikrochip Knappheit. Die Hintergründe lesen sich wie ein Paradebeispiel eines Lehrbuchs zu Supply Chain Management.

In nachfolgendem Artikel zeigen wir auf, wie es zu dieser Knappheit kam und welche Folgen dies für die Automobilindustrie hat. Kurz gesagt; what happens when the Chips are down.

Herkunft und Verwendung von Halbleitern

Halbleiter bestehen aus Materialien, deren elektrische Leitfähigkeit zwischen der eines Leiters, wie Kupfer, und der eines Isolators, wie Glas, liegt. In ihrem Ausgangszustand weisen Halbleiter ähnliche Eigenschaften wie Nichtleiter auf. Durch gewisse äussere Einflüsse wie Temperatur oder Licht können sich Aussenelektronen lösen, was dazu führt, dass Halbleiter die Eigenschaften von Leitern annehmen. Oftmals wird hochreines Silizium verwendet, welches aus Quarzsand gewonnen wird. Das chemische Material wird in dünne kreisförmige Scheiben geschnitten – sogenannte Wafer. Durch Belichtung, Lackierung und Ätzung werden dreidimensionale Strukturen aufgetragen, durch welche Ströme geleitet werden – sogenannte Schaltkreise. Die einzelnen Chips sind rund einen Millimeter bis einige Zentimeter gross und werden in ein Plastikgehäuse verpackt, bevor sie in Elektrogeräte verbaut werden.

Für die Herstellung gilt es strenge Hygienevorschriften zu beachten. In der Umgebung darf kein Staubkorn und keine statische Elektrizität vorhanden sein. Die Produktion konzentriert sich auf einige wenige Märkte. Hauptproduktionsland mit einem Anteil von rund 50% an den abgesetzten Chips ist Taiwan.

In modernen Fahrzeugen sind heutzutage hunderte von Halbleitern verbaut, insbesondere beim Infotainmentsystem, den digitalen Anzeigen und den Kameras. Speziel Elektrofahrzeuge benötigen extrem viele Chips um das komplexe Batteriesystem zu regulieren.

Angebot und Nachfrage

Die Nachfrage nach Mikrochips wächst beständig wobei das Angebot eingebrochen ist. Aktuell übersteigt die Nachfrage nach Halbleitern das Angebot deutlich. Schätzungen zufolge wird die Autoindustrie im 2021 rund 85 Milliarden Halbleiter benötigen und nimmt somit etwa 12 bis 13 Prozent der gesamten Halbleiter ab, die in der Chipindustrie produziert werden. Dies entspricht etwa demselben Anteil welcher allein durch Apple nachgefragt wird. Der Bedarf nach Halbleitern wird sich durch die Elektrifizierung von Fahrzeugen erwartungsgemäss in den nächsten Jahren stetig erhöhen.

Unterschiedliche Einflussfaktoren kombiniert mit der nun stark ansteigenden Nachfrage nach Neufahrzeugen haben zu der aktuellen Knappheit geführt.

Die Corona Pandemie

Durch den ersten Lockdown im Frühling 2020 hat sich die Nachfrage nach Neuwagen stark reduziert. Die Automobilhersteller haben somit weit weniger Chips bestellt, als sie normalerweise verbauen würden. Da Halbleiter ein Verfallsdatum haben, werden durch Automobilhersteller auch keine endlosen Bestände an Lager gehalten. Währenddessen suchten Chip-Hersteller nach anderen Kunden im Markt. Industrien wie Electronics oder Mobilfunk erlebten trotz oder gerade wegen Corona einen starken Boom, verbunden mit einer markant höheren Nachfrage nach Mikrochips.

Die Nachfrage nach Neufahrzeugen stieg schneller als angenommen wieder an. Als die Automobilhersteller bereit waren, die Produktion wieder hochzufahren, fanden sie sich am Ende der Warteschlange für Mikrochips wieder. Die Mikrochip-Fabriken brauchen bis zu sechs Monaten, um die Produktion bestimmter Chiptypen wieder aufzunehmen, sodass die Autohersteller nun mit erheblichen Verzögerungen in ihrer Lieferkette konfrontiert sind.

Die Silizium Produktion

Der wichtigste Rohstoff für die Produktion von Halbleitern ist Silizium. Das Halbmetall kommt zwar auf der Erde sehr häufig vor, die Verwertung ist jedoch ein sehr energieintensiver Vorgang. Von weltweit rund acht Millionen Tonnen wurden 2020 über fünf Millionen Tonnen in China produziert. Es gab 2020 in China erhebliche Probleme mit der Stromversorgung, verbunden mit steigenden Strompreisen wodurch einige Fabriken die Produktion runtergefahren haben. Einige Werke wurden zudem aufgrund von Umweltvorlagen geschlossen.

Die Umwelteinflüsse

Rund 12% der weltweit nachgefragten Mikrochips werden in den USA, unter anderem in Texas, produziert. Im Februar 2021 wütete einer der schlimmsten Winterstürme im Bundesstaat Texas, der zu weitreichenden Stromausfällen führte. Diverse Mikrochip-Fabriken mussten in Folge dessen geschlossen werden und konnten erst rund 4 Monate später die Produktion wieder aufnehmen.

Zudem fing das Chip-Werk Renesas Electronics in Japan im März 2021 Feuer, wodurch diverse Maschinen beschädigt wurden und infolgedessen für rund 100 Tage ausfielen.

Die Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) kalkuliert, dass alle Autohersteller weltweit wegen des Chipmangels zwischen vier und sechs Millionen Fahrzeuge weniger fertigen können als geplant. Dies entspricht einem Fahrzeugwert von mindestens 110 Milliarden Franken. Volkswagen etwa hat im ersten Quartal 2021 rund 100’000 Fahrzeuge weniger produziert als ursprünglich geplant, im zweiten Quartal 2021 dürfte mindestens dieselbe Zahl dazugekommen sein. Weiter hat Ford kommuniziert, dass sie die geplanten Stückzahlen im zweiten Quartal 2021 weltweit halbieren mussten. Die resultierenden Lieferverzögerungen sind stark abhängig von Marken und Modell, können jedoch rund zwei bis sechs Monate betragen. Eine Entspannung der Situation lässt vermutlich bis anfangs 2022 auf sich warten.